Christoph Roth (links) zeigt Förster Hans Beereuter und dessen Mitarbeiter Hansueli Jung die veredelten Bäumchen.
Klone von einem Baum? Ist das nötig? «Es hilft uns, die Rotlaubbuche zu erhalten», sagt Förster Hans Beereuter. Da der aktuelle, rund 90-jährige StammÂbaum der Gemeinde abstirbt (AZ vom 28.7.2023), wird in Zukunft ein neuer Baum diese Rolle ĂĽbernehmen mĂĽssen. «Es wachsen zwar ein paar weitere Rotlaubbuchen im Wald», erklärt der Förster, «aber aus den meisten Samen des Stammbaums wachsen normale Rotbuchen heran.»
Dies bestätigt Christoph Roth, Inhaber der Baumschule: Bei der Bestäubung im Wald komme es zu «Kreuzbestäubungen» mit anderen Buchen. Um identische Nachkommen zu ziehen, sei das Klonen die einzige Art, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Dies bietet er auch für andere Baumarten in seinem Betrieb an.
Wirtbaum als Unterlage
Bei Pflanzen ist beim Klonen eine Veredelung nötig. Im vorliegenden Fall bedeutet das, einen Zweig so mit einem kleinen Wirtsbäumchen zu verbinden, dass er daran anwächst. Dafür schnitt Hanspeter Wepfer, ein Mitarbeiter der Roth Baumschulen, am Mittwochmorgen unter den interessierten Augen von Hans Beereuter und seinem Forstteam bei dreijährigen Rotbuchenbäumchen die Rinde am Stamm keilförmig ein. In diesen vier Zentimeter tiefen Einschnitt setzte er dann ein vorher präpariertes Zweiglein der Rotlaubbuche mit möglichst vielen Knospen ein. Dieses wurde entlaubt, damit alle Kraft für das Zusammenwachsen verwendet werden kann. Um den Prozess zu unterstützen und ein Verrutschen zu vermeiden, wickelte der Gärtner zudem ein Gummiband eng darum.
«Wichtig ist, dass die Kambiumschichten beider Pflanzen aufeinander liegen», so Hanspeter Wepfer. «Nur so können sie miteinander verwachsen.» Spriessen aus dem eingesetzten Zweig im nächsten Frühjahr Blätter, wird der Wirtsbaum knapp über der Einsatzstelle gekappt – ein Klon ist entstanden.
Bis es aber so weit ist, müssen die Pflänzchen gehegt und gepflegt werden: Sie brauchen Licht, aber keine direkte Sonne. Es muss feucht sein, weshalb sie unter Folie in einem Gewächshaus stehen. Aber auch nicht zu feucht, damit nichts fault. Erst wenn sie stark und gross genug sind, kann das Buchemer Forstteam sie abholen, was nach Einschätzung von Christoph Roth in rund drei bis vier Jahren so weit sein dürfte.
Massnahmen zur Arterhaltung
Wie viele der 50 am Mittwochmorgen veredelten Bäumchen es bis dahin schaffen und Klone des aktuellen Stammbaums und eines anderen Nachfahrens der ganz alten, über 300-jährigen Rotlaubbuche, sein werden, bleibt abzuwarten. Sicher ist aber, dass das Buchemer Forstteam weitere Massnahmen zum Erhalt dieser besonderen Baumart ergreifen wird.
Nach den Plänen von Hans Beereuter wird die Fläche im Wald neben dem aktuellen Stammbaum ein Buchenwald werden. Möglich ist dies, da die bisherigen Bäume, alles Fichten, dem Borkenkäfer zum Opfer fielen. Neben den geklonten Bäumen, die erst in einigen Jahren gesetzt werden können, wird er mit seinem Team auch die Bucheckern der Rotlaubbuche aufsammeln, um sie dort auszusäen. Denn, so sein Wunsch fĂĽr den «Wald der Zukunft»: Es sollen am Stammberg weiterhin Rotlaubbuchen wachsen. Ob diese aber langfristig mit Trockenheit und Hitze zurechtkommen, bleibt abzuwarten – auch Buchen setzt der Wandel der Âklimatischen Verhältnisse zu.
Rotlaubbuche, Blutbuche, Rotbuche
Rotlaubbuchen können nicht gezĂĽchtet werden und sind eine besondere Mutation der Natur. Welches der älteste Baum dieser Art ist, wird derzeit in Deutschland untersucht (AZ vom 28.7.2023). Erste DNA-Analysen zeigen, dass die Buchemer RotlaubÂbuchen zwar untereinander, aber nicht mit der in Sondershausen (Deutschland) verwandt sind. FĂĽr die Analysen hatte Hans Beereuter Proben von zehn verschiedenen Rotlaubbuchen seines Waldes an das Labor geschickt. Da diverse alte schriftliche Quellen den Buchemer Baum zuerst erwähnen, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass der inzwischen abgestorbene Vertreter der älteste seiner Art war.
Die Besonderheit der Rotlaubbuche ist, dass ihre Blätter zuerst rot austreiben und später grün werden. Bei der Blutbuche, die intensiver rot gefärbt ist, bleiben sie die gesamte Wachstumsperiode hindurch rot. Anders bei der Rotbuche, die immer grüne Blätter hat. Diese hat den Namen aufgrund ihrer rötlichen Holzfarbe erhalten. (cs)
Veredelung soll Wahrzeichen für die Zukunft retten